25. März 2010

Abschied in Buenos Aires

... kommt anders, als man denkt. Diesen Post schreiben wir aus Deutschland. Eigentlich war geplant von Buenos Aires ueber Madrid, Frankfurt, Abu Dhabi nach Kathmandu zu fliegen - Zwischenstop in Frankfurt 24 Stunden. Daraus wurde 1 Woche, da ich schon in BA tagelang Fieber hatte und in diesem Zustand nicht in Nepal ankommen wollte. Inzwischen ist das Fieber runter, also gehts Montag weiter. Da in BA gerade eine Dengue Epidemie umgeht hat mich Kinga zur extra eingerichteten Ambulanz geschleppt. Dort haben sie ganz unaufgeregt Blut abgenommen. Ergebnis: kein Dengue, also Glueck gehabt. Trotzdem hat die Stadt ein Problem, da inzwischen 60% der Flaeche mit der Uebertraegermuecke verseucht sind. Das sieht man auch an den vielen eklig juckenden Moskitostichen.
Davon abgesehen bildet BA fuer uns im Vergleich zu Quito, Lima und Santiago eine Klasse fuer sich. Die mit Abstand groesste und lebendigste Stadt unserer Tour. Eine mittelgrosse Durchgangsstrasse ist 6-spurig, 10 km lang, kerzengerade mit Hausnummern von 1 bis 12000 und man braucht per Bus 2h von Anfang bis Ende. Leider war Kinga viel alleine unterwegs, aber abends haben wir uns zusammen immer argentinisches Steak oder leckere Pizza gegoennt. Ueberall gibt es gemuetliche Cafes und nachmittags herrscht strenge Siesta. In kurzer Zeit haben wir viel gelernt ueber die Probleme der Buerger, die noch bis 1983 unter einer Militaerdiktatur mit ueber 30000 Verschwundenen usw. leiden mussten, obwohl Argentinien sich eigentlich mit Peron und seiner Frau Evita schon Anfang 1950 vorbildlich demokratisch entwickelt hatte. Von Studenten erfahren wir, dass die heutige Praesidentin Kirchner sich eher um ihre Schoenheitsoperationen, die der Staat bezahlt, als um ihre politischen Pflichten kuemmert. Am End wird 2011 wieder ihr Ehemann Nestor zum Praesidenten gewaehlt - bleibt alles in der Familie.
Im Rueckspiegel haben wir mit Ecuador, Peru, Chile und Argentinien 4 bedeutende Laender kennengelernt, die sich alle irgendwann aus spanischer Kolonialherrschaft befreit haben. Betrachtet man die Gemeinsamkeiten kommt man nach der Sprache und der Liebe zum Fussball schnell ins Stocken, denn zu unterschiedlich sind die Menschen und Landschaften dieser Laender. In BA z.B. gab es auf der Strasse jeden Tag eine andere Demo oder Streik, wo es temperamentvoll abging. Diese Streitkultur ist uns in Ecuador null begegnet, stattdessen geht man zurueckhaltend jedem Konflikt wortwoertlich aus dem Wege. Umso couragierter geht es ueber alle Schichten in Peru zur Sache, leider im negativen Sinne d.h. mit einer unangenehmen Aufdringlichkeit hat hier der Tourismus unserer Meinung nach die haertesten Spuren hinterlassen. In allen Laendern hat die Polizei ein Autoritaetsproblem, wie nicht zuletzt die Pluenderungen in Chile gezeigt haben. Glaubt man den Tageszeitungen dann wird mit Personalaufstockung, Ausbildung, Antikorruption und neuen Einrichtungen gegengesteuert und die aktuelle Polizeipraesenz (in Ecuador und Peru sogar Militaer) in den Staedten ist unuebersehbar. Verglichen mit Berichten der letzten 18 Monate, haben wir den Eindruck, dass wir die ersten positiven Effekte spueren durften. Die Taxis und die Fahrten rund um den Flughafen waren in Lima kein Problem mehr, ebenso die frueher als gefaehrlich eingestuften Touristenbezirke in der Altstadt von Quito und Lima. Gleiches gilt fuer Busfahrer, mit denen wir ueberall auf mehreren 1000 Kilometern durch Suedamerika Glueck hatten. Den Busfahrer, der sich vor jedem Ueberholvorgang bekreuzigt kennen wir nur aus Erzaehlungen, uns ist er nicht begegnet. Die freundlichen Busbegleiter "... a Quito, a Quito!" fehlten uns schon in Argentinien, wo ein langweiliger Automat ihren Job uebernommen hat. Apropos Automat, wir haben unsere gesamte Bargeldversorgung erfolgreich ueber Geldautomaten abgewickelt, ohne jemals angemacht worden zu sein oder einer Skimmingfalle zu begegnen, das passiert wohl eher in Deutschland. Wir werden oft gefragt, wo hat es euch denn am besten gefallen? Schwierig, eigentlich auch uns selbst gegenueber nicht fair zu beantworten, da jedes Land einen ganz individuellen Charme hat. Soviel wissen wir schon, genug haben wir noch lange nicht von Suedamerika. Unter Vorbehalt liegt Ecuador vorn, auch weil wir hier mit Galapagos, Dschungel, Ingapircatrail und Beach noch etliche Ziele nachholen wollen. Ausserdem liegt auf unserer Rankingliste der besten Unterkuenfte .hostaltiana.com in Latacunga, Ecuador auf Platz 2 und ihr wisst schon auf Platz 1 einstimmig unser Hilleberg Zelt.

14. März 2010

Atlantik

Auf der letzten Etappe in Suedamerika geht es entlang der Ostkueste Argentiniens nach Norden. Wir koennen noch gar nicht begreifen, dass wir naechste Woche wegmuessen und fragen uns wie und wann wir das Erlebte wohl verarbeiten koennen. Kinga hat mir dazu vor Kurzem am Strand von Puerto Madryn eine Frage gestellt, die unser Selbstverstaendnis ganz gut widerspiegelt: Wuerde dir etwas fehlen, wenn du das nicht erlebt haettest? z.B. unseren Zwischenstop 1500km vor Buenos Aires auf der Halbinsel Valdes.



















In diesem maritimen Naturreservat mischten wir uns am Strand unter hunderte von Magellanpinguinen und konnten Seeloewenkolonien und Seeelefanten aus naechster Naehe beobachten. Gewohnt haben wir im Zelt am Hafen eines friedlichen Fischerdorfs, wo wir die Arbeit auf den Booten und das touristenfreie Dorfleben verfolgen konnten. Die o.g. Frage muessen wir allerdings auch in den weniger schoenen Augenblicken beantworten koennen, wenn wir mal wieder festsitzen weil wir krank sind oder nicht weiterwissen.
Unser Rezept in diesen Momenten sind unsere Listen, wie z.B. die Liste mit Dingen, die wir uns nicht erklaeren koennen, die Liste, warum wir nochmal wiederkommen muessen usw. Ein Problem kommt einfach auf die Liste und schon hat man den Kopf wieder frei - kann vielleicht sogar drueber lachen. Die Liste mit den Dingen, die wir nicht verstehen traegt bei uns intern den Titel ... that's Peru. Aktuell treffen wir immer wieder verstoerte Traveller, die von Chile rueberkommen, um nach Buenos Aires zu gelangen, da ihre Rueckfluege in Santiago ausgesetzt wurden; ebenso Wohnmobilfahrer, die von Versorgungsengpaessen, Strassensperren etc. berichten. So gesehen, wissen wir, was fuer ein Schweineglueck wir in den letzten Monaten hatten und geniessen unsere Moeglichkeiten ganz nach Udo Lindenberg... "alle Tage sind gleichlang, aber unterschiedlich breit".

4. März 2010

Angriff am Zeltplatz

Wir haben erst jetzt vom Ausmass der Erdbeben in Suedamerika erfahren, da wir wieder eine Woche in einem Nationalpark, diesmal in Chile, abgetaucht waren. In Torres del Paine, ueber 1000 KM suedlich vom Epizentrum haben wir nichts mitbekommen. Noch immer ueberschlagen sich hier im TV die Geruechte und Tickermeldungen mit Bildern von den angerichteten Schaeden, Pluenderungen, Interviews mit der Praesidentin, Einsatzkraeften usw. Wie schlimm das Chaos in den betroffenen Regionen ist, koennen wir nicht beurteilen, die Presse ist scheinbar stinksauer ueber verspaetete und falsche Massnahmen der Regierung. Gleichzeitig haben wir den Eindruck, dass die Haeuser und Infrastruktur in Santiago etc. relativ gut standgehalten haben. Wir sind in diesen Zeiten ganz froh mit unserem Zelt und suchen auch immer ein schattiges Plaetzchen, das nicht nach Schlammlawine oder Erdrutsch aussieht. Trotzdem haben wir bei der juengsten Tour einen Fehler gemacht, der sofort quittiert wurde: Aus einem Gefuehl heraus haben wir alle Vorraete und das Geschirr ueber Nacht mit ins Zelt genommen. Die Maus hats gecheckt und sich, wahrscheinlich mit Kaeseecken und Thunfisch vor Augen, durch unsere kostbare Zelthuelle genagt - kein Beinbruch fuer uns, denn Kinga weiss ja mit der Naehmaschine umzugehen. Ab sofort kommt der Kram nachts wieder an die Waescheleine.
Zum Thema Natur gehen uns langsam die Vokabeln aus. Obwohl auch dieser Nationalpark ein gefragtes Touristenziel darstellt, koennen wir uns mit dem Zelt Tag fuer Tag in einsamere Gegenden vorarbeiten und finden schliesslich noch unsere ganz private Kuh.

Tief im Inneren des Parks begegnen wir nur noch selten einem Amerikaner, die ansonsten die Refugios eingenommen haben, wo sie gewohnt lautstark auffallen u.a. damit, dass sie trotz der langen Tagesetappen morgens noch eine Fitnessunit mit leichtem Joggen am Berg dranhaengen. Dabei wird auf nichts gewohntes verzichtet z.B. wird die Nahrung komplett gefriergetrocknet aus den USA mitgebracht. Da lobe ich mir doch Kingas Puliszka (Polenta) von chilenischem Maismehl.

Schon seit einigen Tagen begegnete uns zudem immer wieder ein amerikanisches Paerchen, das mit ihren D&G Umhaengetaschen aufgefallen ist, bis wir ihr Secret gelueftet haben. Neben der Campingausruestung haben sie heimlich ihre zwei reinrassigen Minikoeter im Taeschchen - wir haben natuerlich paparazzimaessige Beweisfotos und fragen uns, wie sie die Suessen ueber die Grenze geschmuggelt haben?